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Alte Schreibmaschine und Bücherstapel.

Ghostwriting – ein jahrtausendealtes Geschäft

3 min.

Die Tätigkeit des Ghostwriting ist wohl jedem ein Begriff. Dass es Personen gibt, die im Auftrag und im Namen anderer Schreibdienste leisten, ist aus dem Alltagsleben bestens bekannt. Schauspieler, Musiker oder andere Personen des öffentlichen Lebens kommen aus zeitlichen Gründen und Mangel an entsprechender Kompetenz in der Regel nicht ohne einen Ghostwriter aus, um ihre Biografien oder Memoiren stilsicher und publikationsreif zu Papier zu bringen. Und was wären unsere Politiker ohne jene Kräfte im Verborgenen, die ihre Reden und öffentlichen Statements verfassten?

 

Der amerikanische Präsident John F. Kennedy gewann sogar den Pulitzer-Preis für sein Werk Zivilcourage (1956), obwohl die eigentliche Schreibarbeit der Redenschreiber Ted Sorensen leistete. Doch wer nun glaubt, Ghostwriting sei eine relativ junge Betätigung, der irrt sich gewaltig. Die „Geistschreiberei“ ist vielmehr ein uralter Hut, der seit Jahrtausenden besteht.

Antikes Ghostwriting als Wortschreiberei

 

Ghostwritern begegnen wir bereits in der Antike, wenngleich unter anderen Berufsbezeichnungen. Hier sind zunächst die Logographen zu nennen. Dabei handelt es sich um Wortschreiber, die gegen Bezahlung Gerichtsreden für Kläger und Beklagte schrieben. Die Nachfrage nach Logographen war groß, zumal es im alten Griechenland üblich war, sich vor Gericht selbst zu verteidigen. Ein erstes bekanntes historisches Beispiel eines Logographen ist der griechische Rhetoriker Lysias.

 

Der attische Wortschreiber und Zeitgenosse Platons verdiente seinen Lebensunterhalt damit, Verteidigungs- und Anklagereden auf der Grundlage der für den jeweiligen Fall geltenden Gesetze zu verfassen. Dabei rühmte sich Lysias vor allem seiner Fähigkeit, sich mit viel Einfühlungsvermögen in die Person hineinzuversetzen, in deren Auftrag er die Rede schrieb. Daneben waren es die stilistischen Fertigkeiten sowie die Angemessenheit seines jeweiligen Sprachgebrauchs, die seinen Arbeiten das gewisse Etwas gaben. Von seinen 32 überlieferten Reden gilt die Verteidigungsrede im Mordfall Eratosthenes als seine bekannteste.

 

Vielen Logographen ebnete die Tätigkeit der Wortschreiberei den Weg zu einer Karriere als Redner. Prominente Beispiele hierfür sind Hypereides, Demosthenes, Deinarchos und Iskokrates (der Schüler des Gorgias und Lehrer von Lysias und Demosthenes). Darüber hinaus fungierten manche Logographen auch als Geschichtsschreiber (z. B. Hekataios) sowie als Briefschreiber. Selbst Teile der Paulusbriefe werden in der Bibelwissenschaft als ein frühes Beispiel des Ghostwriting angesehen. So wird weitestgehend angenommen, dass die Autorschaft der Pastoralbriefe nicht bei Paulus selbst, sondern bei einzelnen seiner Schüler liegt.

 

Während der römischen Kaiserzeit hingegen waren anonyme Autoren unter dem Label scriptores orationis aktiv. Ihre Aufgabe bestand darin, maßgeschneiderte Reden für Senatoren und Cäsaren zu verfassen, so etwa für die Kaiser Nero und Domitian sowie für Julius Cäsar.

 

Ghostwriting im Dienste des Klerus, der Wissenschaft & Kunst

 

Auch in den Folgepochen war das Phänomen des Phantomschreibers keine Seltenheit. Sogar „im Auftrag des Herrn“ waren und sind Ghostwriter unterwegs. So finden jesuitische Ghostwriter schon seit Jahrhunderten im Vatikan bzw. im päpstlichen Dienste Verwendung. Um ein gerne herangezogenes Beispiel zu nennen: Die von Papst Pius XII. veröffentlichte Enzyklika Mystici corporis, welche von der These der Identität von (katholischer) Kirche und dem mystischen Leib Christi ausgeht, wurde zwar von Papst Pius XII. veröffentlicht; allein eigentlicher Urheber ist der niederländische Jesuit Sebastian Tromp.

Stapel alter Bücher.

 

Auch das akademische Ghostwriting gibt es nicht erst seit dem Erscheinen von Ghostwriting-Agenturen, die Studierenden ihre wissenschaftlichen Schreibdienste per Zeitungsanzeige oder online anbieten. Viele Fälle von akademischen Ghostwriting zeigen sich schon im 18. Jahrhundert.

 

In dieser Periode machten sich Aristokraten und Wohlhabende häufig die schwierige finanzielle Situation von Wissenschaftlern zunutze. Sie beauftragten Gelehrte für die Erstellung wissenschaftlicher Arbeiten wie Dissertationen, um auf diesem Wege zu selber zu akademischen Graden zu gelangen. Zu den frühen akademischen Ghostwritern zählt des Weiteren der Philosoph und Gesellschaftstheoretiker Friedrich Engels, gilt er doch als der Verfasser etlicher Schriften seines ideologischen Weggefährten Karl Marx.

 

Die postantike Geistschreiberei beschränkt sich jedoch nicht nur auf das Feld der (Geistes-) Wissenschaft. Im Bereich der Kunst wurde sich ebenfalls mit fremden Federn geschmückt. Ein erstes Beispiel eines künstlerischen Auftragsschreibers ist Wolfgang Amadeus Mozart. Der geniale klassische Komponist bestritt sein Auskommen nicht allein als Konzertmeister, Hoforganist und Musiklehrer. Darüber hinaus komponierte er Musikstücke für wohlhabende Personen, welche die erworbenen Werke als ihre eigenen ausgaben und aufführten.

 

Und in der Belletristik finden sich bekannte Bücher, deren Urheber zum Teil oder vollständig andere sind als gemeinhin angegeben. Man denke beispielsweise an die Romane Die drei Musketiere oder Der Graf von Monte Christo. Obwohl Alexandre Dumas zugeschrieben, ist inzwischen unbestritten, dass die Werke dem „Geist“ Auguste Maquets entsprangen. Auch andere Romane Dumas‘ entstanden in Kooperation mit weiteren Schreibern, die als sogenannte „Nègres“ Romane am laufenden Band produzierten.

Stapel mit alten Büchern.

Ghostwriting – eine unendliche Geschichte?

 

Schon dieser kurze Abriss der Geschichte des Ghostwriting macht eines unmissverständlich deutlich: Ghostwriting ist Teil unserer kulturellen DNS. Seit Menschen schreiben, schreiben sie nicht nur für sich selbst, sondern auch für Andere. Von der Antike bis heute ist das Auftragsschreiben eine berufliche Tätigkeit, die unterschiedliche Bereiche berührt, von Politik über Religion bis hin zur Wissenschaft und Kunst. Dass das auch in Zukunft so bleiben wird, ist nicht zuletzt aus diesen historischen Gründen wahrscheinlich anzunehmen.


Content-Creatorin Elitsa Grigorova.

Elitsa ist eine erfahrene Content-Creatorin mit einem Bachelorabschluss in Journalismus von der University of Westminster. Als Texterin am Tag und begeisterte Leserin am Abend liebt sie es, in verschiedene Schreibwelten einzutauchen, ihren beruflichen Horizont zu erweitern und sich von verschiedenen Themen inspirieren zu lassen.

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